Ist es die meistunterschätzte Komponente am Bike? Kaum ein Bereich des Mountain Bikes bekommt weniger Beachtung als das Cockpit – vor Allem die Griffe, obwohl sie wichtige Kontaktpunkte zum Bike darstellen. Deshalb setzen wir uns mal näher mit dieser Komponente auseinander.
Ein Bike zu lenken, hat viel mit Feingefühl und Sensorik zu tun. Unter den vielen Einflussfaktoren, ist das Feedback vom Trail enorm wichtig und dabei spielen die Hände eine grosse Rolle. Die vielen Nervenenden an der Hand nehmen Druck-, Bewegungs- und Vibrationsreize auf. Diese sind für die schnellen Reaktionszeiten auf dem Bike ausschlaggebend, weil sie schneller im Gehirn ankommen als visuelle und akkustische Reize. Ausserdem finden viele Reaktionen auf dem Bike reflex-artig statt (nicht bewusst gesteuert) – diese konditionierten Reflexe können durch schnellere Vermittlung der Einflüsse früher ausgeführt werden.
Dies ist einer der Gründe, weshalb ich gerne ohne Handschuhe fahre. Das mag bei Stürzen ungünstig sein, aber es fühlt sich besser an. So oder so ist der Griff, den wir am Bike montiert haben, eine zentrales Element in einem komplexen Ablauf.
Extrem-Beispiel: Stell Dir vor, du fährst ein Bike mit viel zu grossen und viel zu weichen Griffen. Kannst du dir vorstellen, wie schwammig und unsensibel das Gefühl wäre? Im kleinen Massstab ist dies ebenso, aber nicht so klar erkenntlich.
Deshalb nachfolgend ein paar Spezifikationen von heutigen Griffen, ihre Vorteile und natürlich die Gefahren:
Griff-Grösse
Ein kleine Hand an einem zu dicken Griff ist genauso ungünstig, wie das Gegenteil. Aber auch die Breite des Griffs entscheidet, wie wohl du dich fühlst.
Achte dich beim Kauf deshalb auf die Grösse (den Durchmesser) der Griffe. Das tun die meisten bereits – aber ist Dir auch aufgefallen, dass es Griffe mit unterschiedlichen Breiten gibt? Auch hier ist es wichtig, dass man genügend Raum hat, sich frei zu bewegen und nicht eingeschränkt wird. Du wirst staunen, wie viel wohler du dich mit genügend Bewegungs-Freiraum fühlen wirst.
Griff-Form
Ergo-Griffe gibt es schon seit langem, aber wirklich durchsetzen konnten sie sich nicht. Warum? Weil die ergonomisch geformten Griffe kaum Spielraum zulassen. Beim gemütlichen Hochtrampeln oder einer Runde um den See ist das bequem, aber den unterschiedlichen Anforderungen bei der Abfahrt wird ein solcher Griff nicht gerecht oder verschlechtert die Situation sogar noch.
Aber auch die gängigen Formen der heutigen Griffe sind nicht optimal, da sie ergonomisch überhaupt nicht an die menschliche Hand angespasst sind. Oder hast du absolut ebene Handinnenflächen? Deshalb wäre es eigentlich wünschenswert, wenn die Form der MTB-Griffe den körperlichen Anforderungen angepasst würden. Dieser Trend war an der letzten Eurobike zu beobachten, viele der Hersteller bieten neu auch leicht modifizierte Lösungen an, welche bereits beim ersten Kontakt ein besseres Gefühl vermitteln.
Wie zum Beispiel die folgenden Griffe von Chromag mit leichter Wölbung:
Eine innovative Methode sind die selber formbaren Griffe von TMR. Kinderleicht kann man die Griffe zuhause in die Form der eigenen Hände bringen. Die Nachteile lassen jedoch nicht auf sich warten: Das Material ist relativ hart und bringt wenig Komfort. Sobald man die Hände etwas anders halten möchte, fühlt es sich komisch an. Eher etwas für Marathonfahrer, welche lange Strecken in der selben Position verbringen.
Das Material
Auf dem Bike gibt es eigentlich nur noch Gummimischungen aus Kunstoff (Polycarbonat). Die meisten bestehen aus vielen Luftbläschen, um die Dämpfungseigenschaften zu erhöhen. Eine ideale Lösung gibt es hier nicht: Jeder muss selber entscheiden, was sich für ihn am Besten anfühlt. Aber Achtung: Der Griff darf nicht ZU bequem sein. Er stellt schliesslich immernoch ein Werkzeug dar und keine Finger-Lounge.
Einigen Bikern ist es wichtig, dass das Material besonders rutschfest ist – andere wiederum fahren gerne mit butterweichen Griffen. Entscheide für dich selbst, was dir am Besten gefällt – sei dir einfach der Unterschiede bewusst und probiere verschiedene Griffe aus.
Praxistipp: Schau dir beim nächsten gemeinsamen Ride mit den Kumpels mal ihre Griffe an.
Lenkerendstopfen – Bar End Plugs
Das Verletzungsrisiko bei einem Lenker, welcher sich beim Sturz in den Körper bohren will, ist riesig. Die auftretenden Kräfte sind so gross, dass ein Lenker mit Griff (Durchmesser ca. 3cm) sogar die Haut durchstossen kann – wie eine Back-Form zum Teig ausstechen. Dies jedoch nur, wenn kein Lenkerstopfen montiert wurde.
Deshalb merken: Lenkerstopfen können dein Leben retten!
Eine Übersicht
Chromag Clutch
Besonders weiches Gummi mit kleinen quadratischen Noppen. Für die Fingerspitzen wurde für besseren Halt eine eigene Form gewählt. Funktioniert prächtig und fühlt sich auch mit Handschuhen gut an. Jedenfalls spürt man den Unterschied und fühlt sich wohler, als mit herkömmlichen Formen.
Diese Griffe sind besonders breit (150mm), was viel Bewegungsfreiraum bietet. Biker mit grossen Händen sollten es unbedingt mal ausprobieren. Der Durchmesser ist mit 30mm eher dünn, was mir persönlich weniger gefallen hat.
Chromag Squarewave
Ganz neu und sicherlich ein Trendsetter: Die Squarewave von Chromag sind nicht konventionell geformt, sondern bieten eine leichte Wölbung, welche sich definitiv besser anfühlt, als die herkömmlichen Griffe. (Siehe Bild 1). Gehört mit 142mm Breite eher zu den Grossen.
Besonderes Sicherheits-Merkmal bei Chromag: die Griffe kommen mit geschlossenen Lenkerendkappen.
Oury – Die Monstergriffe
Gehören schon seit Jahren zu unseren Favoriten: Die Griffe von Oury sind bequem, super gepolstert und halten ewig. Dickere und besser gedämpfte Griffe muss man erst noch erfinden. Nachteil: Der Griff ist nicht so fest und fühlt sich im Vergleich schwammig an.
Alternativen
Hier könnte man unzählige Griffe aufzählen, aber grundsätzlich unterscheiden sie sich nicht mehr gross voneinander. Auf Griffe ohne Lock-On möchte ich gar nicht eingehen, da sie zum Glück der Geschichte angehören.
Eine Spezialität gibt es jedoch noch und das sind einseitig klemmbare Griffe, wie bspw. die von Specialized. Diese bieten den zusätzlichen Vorteil, dass sie auf der Aussenseite nicht geklemmt werden müssen – dadurch kann man den Griff ein wenig über den Lenker hinausragen lassen. Besonders nützlich, wenn man den Lenker künstlich ein paar Millimeter verbreitern möchte. Aber Vorsicht: Mehr als einen Zentimeter sollte der Griff nicht über den Lenker hinausragen.
Für Biker mit Schmerzen in den Händen, gibt es noch die ergonomisch geformten Griffe von Ergon, Specialized und vielen weiteren Herstellern. Ich würde von zu sehr verformten Griffen eher abraten, ausser man hat wirklich grosse Schmerzen. Zum Hochfahren und Pedalieren sind sie spitze – äusserst bequem und schonend. Bei der Abfahrt hat man jedoch weniger Kontrolle und kann den Lenker aufgrund der Bauweise weniger gut halten.
Eine weitere grosse Innovation in diesem Bereich hat unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen: Production Privée produziert Griffe, mit denen man die Form des Lenkers modifizieren kann. Je nachdem, wie der Griff montiert wird, kann man die Biegung des Lenkers um 1° erhöhen oder reduzieren. Den CR35 gibt’s leider noch nicht im Handel.
Die grösste Auswahl an Formen, Farben und Bauweise bietet ODI an. Schaut euch mal die riesige Auswahl an http://odigrips.com/store/mtb/mtb-products?___SID=U
2 Gedanken zu “Voll im Griff – MTB Lenkergriffe”
Hallo Serki
Cooler Bericht über ein, in der Tat, oft unterschätztes Teil am Bike..
Meine Favoriten:
Red Monkey Cycles Kärv(xt) Silikon Grips, super Dämpfung und guter Grip, 5 und 6.5mm Dicke erhältlich..
Odi Vans, dünn, hart, direkt aber dafür mit sehr viel Gefühl am Lenker..
Odi Elite Pro, dünner Griff mit etwas mehr Auflage unter den Knöcheln, Top Griff in Sachen komfort und Grip..
Ride On!
Danke Dir! Auch für die Liste deiner Favoriten. Hab dem Thema bisher selber zuwenig Beachtung geschenkt.