Vinschgau Bike: Ein Genuss für Biker

Wir landeten durch reinen Zufall im Vinschgau und wie es so ist, wenn man keine Erwartungen hat, wurden wir bis ins letzte Detail positiv überrascht.

Unser Pech mit dem Wetter verhinderte ein verlängertes Weekend in Finale, wo wir auch schon zum Shutteln waren. Wenn bei uns noch das wechselhafte Frühlingswetter vorherrscht, ist es am Mittelmeer oft ein paar Grad wärmer. Unser Weekend stand aber unter dunklen Regenwolken und so haben wir kurzerhand umgebucht – aufgrund eines Tipps von einem Kollegen, der die Woche zuvor im Südtirol bei Sonnenschein in Shirts und Shorts am Biken war. Das klang verlockend – also ab zum Biken ins Vinschgau!

Region und Klima

Nach einer nur vierstündigen Fahrt von Luzern, kamen wir in Goldrain bei Latsch an und waren überrascht über die Landschaft und Vegetation. Man erwartet so tief in den Alpen nur Alphütten und Bergspitzen – das Vinschgau ist zwar bergig, aber besitzt äusserst lange Ausläufer. Dies bietet hochalpine Trails mit einem Flechtwerk aus auslaufenden Trails in gemässigtem Gelände. Trockenheit ist hier ein grosses Problem, denn obwohl das Klima fast schon mediterran ist, sorgen die wenigen Regentage im Jahr für kahle Hänge wie im Wallis und ebenso staubige Trails. Dafür ist fast immer schönes Wetter, was zum Biken auch nicht verkehrt ist. Die Guides meinten, dass sie hier an Sonnenhängen auch im Winter Biken können.

Wald und Steppe wechseln sich ab - wie im Wallis.
Wald und Steppenlandschaft wechseln sich ab – wie im Wallis. Am Himmel eine seltene Erscheinung namens Regenwolke…

Trailbauern

Das Vinschgau hat eine besondere Infrastruktur zu bieten: Shuttles am Laufmeter. Da viele Schulkinder in höheren Lagen wohnen, müssen diese am Vormittag eingesammelt und an den Schulen abgeladen werden. Bis diese am Nachmittag wieder zurück müssen, sind die ‚Schulbusse‘ unausgelastet und chauffieren daher neuerdings Biker auf die Berge. An gewissen Tagen tummeln sich da scheinbar gut und gerne zwei Dutzend Shuttlefahrzeuge an den Treffpunkten.

Die Region steht geschlossen da, was den Bike-Tourismus angeht: Sowohl die Hotelbetriebe, als auch Gasthöfe, Tourismusbüros und Shuttle-Anbieter stehen gemeinsam hinter dem Angebot und können mittels gemeinsamem Budget und einer einheitlichen Marschrichtung ein unkompliziertes und nachhaltiges Angebot für Bike-Touristen anbieten. Man kann als Hotelgast gemütlich an der Reception die Tour für den nächsten Tag buchen und kann sich auch bei geringen Teilnehmerzahlen sicher sein, dass man nicht im Regen stehen gelassen wird. Wir wurden am Nachmittag auch nochmal für eine private Shuttlefahrt hochkutschiert und genossen die Trails alleine mit dem Guide.

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So butterzart wie auf diesem Bild sind die Trails nicht immer – aber oft.

Trails

In der kurzen Zeit konnten wir nur gerade mal drei Trails probefahren, waren aber durchaus entzückt von deren Spassfaktor.

Holly Hansen – Zum Einfahren am Vormittag war dieser Trail geradezu perfekt. Das kurze Hochstrampeln vor der Abfahrt hat die Muskeln auf Betriebstemperatur gebracht und den Kopf frei gemacht. Die Abfahrt war sehr flowig und der Trail intuitiv und übersichtlich gebaut. Man kann bereits bei der ersten Abfahrt ans Limit gehen – fahrtechnisch nicht anspruchsvoll aber mit hohem Spassfaktor. Der Untergrund ist trocken und sandig – was für uns zwar ungewohnt war, aber nicht ausserordentlich schwierig. Hohes Tempo mit moderaten Richtungswechseln – nicht allzu steil und schön verspielt. Perfekt zum Aufwärmen! (Hier ein kleiner Eindruck)

Propain – Der Name deutet in diesem Fall zum Glück nicht auf grosse Schmerzen hin, sondern wurde als Würdigung für den Hauptsponsor von VinschgauBike so benannt. Dennoch ist er im Vergleich zum Holly Hansen nicht ganz ohne. Wer sonst nur auf Kies- und Waldwegen unterwegs ist, kommt sicherlich schnell ans Limit. Wer es gerne mal krachen lässt, ist hier genau richtig. Immernoch speedlastig, aber mit technischen Herausforderungen – der Propain bietet jedem ambitionierten Biker das gewisse Etwas. Ein flowiger Trail mit steileren Abschnitten und ordentlichen Steinfeldern. Als Vergleich kamen uns da relativ schnell die Trails im Wallis in den Sinn.

Sunny Benny – Der Latscher Sonnenberg ist ein Ausläufer der Ötztaler Alpen und bietet von Mals bis Meran unzählige Trails – nicht nur für Enduristen und Downhiller, sondern auch für CCler und Genussbiker. Wir fuhren den Sunny Benny und waren auch von diesem Trail sofort angetan. Rauhe Steinformationen wechseln sich mit Wurzelteppichen ab und bieten technische Herausforderungen für jedes Fahrlevel an. Der Untergrund ist auch hier sandig und trocken, deshalb immer schön Abstand zum Vordermann halten und etwas mehr Bremsweg einrechnen. Eine saubere Kurventechnik ist hier von Vorteil.

Es gibt noch viele Trails in der Gegend, welche zu dieser frühen Jahreszeit leider noch nicht zugänglich waren. Wir werden die Region auf jeden Fall bald wieder besuchen, um auch die anderen Trail-Schmuckstücke zu entdecken. Die drei von uns gefahrenen Trails boten jedoch allesamt viel Spass und sind speedlastig und verspielt.

Gemütlichkeit

Im Gegensatz zur hektischen Art der ligurischen Shuttle-Firmen, nehmen es die Südtiroler wie in vielen anderen Lebenslagen gemütlich – genau nach unserem Geschmack. 15 Abfahrten am Tag waren noch nie unser Ziel und passt aus unserer Sicht auch nicht zum Naturerlebnis, welches wir beim Biken verfolgen. Rauf auf den Berg, schnellstmöglich runterheizen und gleich wieder aufladen? Das mag für einen Tag mit dem Downhiller okay sein, aber es ist nicht vergleichbar mit einer Tour, welche Dank dem Shuttle ein wenig abgekürzt wird, aber dennoch das Bergerlebnis und die Schönheit der Natur als wichtige Komponente beinhaltet. Genau nach diesem Prinzip funktionieren auch die Shuttle-Dienste im Vinschgau.

VinschgauBike hat beispielsweise ein Angebot, welches aus drei Abfahrten pro Tag besteht und zwischendurch immer wieder Zeit zum Erholen und Geniessen bietet. Ob das ein kurzes Kaffee zwischendurch ist oder ein leckeres Mittagessen – der Genuss steht im Vordergrund und nicht die Anzahl Abfahrten, welche man am Abend erreicht hat. Wer mit diesen drei Abfahrten (je 1000 Hm) noch nicht genug hat, kann sich immernoch die Bahn in St. Martin schnappen und den Feierabend mit ein paar Runs am Sonnenberg versüssen.

Das Südtirol gehört offiziell zu Italien, man fühlt sich aber wie in Österreich. Bodenständige Hausmannskost, superfreundliche Angestellte, Unterkünfte auf höchstem Niveau und lustige, offene und kommunikationsfreudige Einheimische. Wir haben uns sofort wohl gefühlt. Ein Grund dafür war sicherlich, dass die Einheimischen darauf bestanden, dass wir schweizerdeutsch sprechen – das erleichtert die Kommunikation ungemein und man findet schnell einen gemeinsamen Nenner.

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Fazit

Die eindrückliche Natur, das mediterrane Klima, die überaus freundlichen und sympathischen Einwohner und nicht zuletzt die leckere einheimische Küche haben uns fasziniert. Biketechnisch wird hier sehr viel geboten und es scheint rasant zu wachsen. Wer noch nie in der Gegend war, sollte sich das mal antun. In nur vier Stunden ist man von Luzern aus im Vinschgau. Die Übernachtungspreise in den Hotels sind nicht gerade niedrig, aber das Angebot ist kaum zu toppen, denn was man für sein Geld bekommt, lässt sich nicht in Sternen ausdrücken: Freundlichkeit, Sauberkeit, hohe Standards, leckeres Essen und einen in der Schweiz ungesehenen Service.

Die Trails sind Oberklasse und runden das ganze Angebot perfekt ab. Wir sind bald wieder im Vinschgau, das ist garantiert. Du auch?

www.vinschgaubike.com

 

 

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