Endlich komme ich dazu, dieses Review über Virtuous [Vœrʤuˈs] fertigzustellen. Beim Schreiben des Berichts über diesen Film, erging es mir wie beim Fotografieren auf einer Tour. Man will eigentlich viel lieber weiterfahren und den Moment und die Abfahrt geniessen, statt anzuhalten und den Flow zu unterbrechen. Jedesmal wenn ich den Film reinschob, schaute ich ihn mir bis zum Ende an und hatte statt dem Drang einen Bericht zu schreiben, nur noch Biken im Kopf.
Diese Tatsache spricht jedenfalls für den Film. Auch die Tatsache, dass ich mir nebst The Collective und Roam wohl keinen Film so oft angeschaut habe. Die Musik, die Landschaft und die Fahrer ziehen einen in ihren Bann und lassen nur selten los. Das ist natürlich nur eine subjektive Meinung und geschmackssache. Deshalb mal ganz faktisch zum Inhalt…
Der Film beginnt mit einem Intro, welches aus einem aufwendigen Zusammenschnitt der nachfolgenden Sequenzen besteht. Der Anfangs ruhige Sound untermalt die schönen Landschaftsbilder und lässt die richtige Stimmung aufkommen. „Is there a ghost“ von Band of Horses ist sowieso ein starkes Lied. (Hier ein Link für die, die es nicht kennen: www.youtube.com )
Das Zitat am Anfang des Films von John F. Kennedy „Nothing compares to the simple pleasure of a bike ride“ definiert quasi das Motto des Films und auch was Brian und Fabian mit dem Film erreichen wollen: Den Spass am Biken zu vermitteln. Ein schwieriges Vorhaben, welches die beiden jedoch ausserordentlich gut gemeistert haben.
Hier ein kleiner Auszug aus dem Film:
Das zweite Kapitel bilden Aufnahmen von Sacha Robert, welcher mit einem Affenzahn auf beneidenswert schönen Singletrails unterwegs ist. Die eingebauten Slowmotion Parts bringen den Speed – wie so oft – noch besser rüber. Der Song „Distinguished Jamaican English“ von Herbaliser hinkt Sacha zwar ein kleines bisschen hinterher, aber da hätte wohl auch so manche Metalband mühe gehabt.
Vinzenz Guntern ist der nächste Fahrer und hinkt in Sachen Speed natürlich nicht hinterher. Da dies für die meisten der folgenden Fahrer zutrifft, werde ich das zum letzten Mal erwähnen. Vinzenz ist nochmals ein Stück agressiver unterwegs, was die ionate Jungs sehr schön in Szene gesetzt haben. Die Wanderer und Stöckli-Walker, welche zum Teil reingeschnitten wurden, runden das Segment humorvoll ab. Der Song „Little lil“ von der Hillbilly Moon Explosion kannte ich nicht, mag ich aber gut.
Das nächste Segment mit Adrian Fischer ist sehr abwechslungsreich und zeigt einige der wenigen Street- und Dirtaufnahmen des Films. Obwohl das filmerische Augenmerk auch hier auf das Trailfahren und auf schöne Natur- und Landschaftsbilder gelegt wurde, bietet dieser Part mit etwas grösseren Gaps und Sprüngen wohl am ehesten das, was man als Bikeporn bezeichnet. Die Hip-Hop-Mucke unterstreicht dies noch zusätzlich. Ist nicht mein Lieblingsabschnitt, enthält aber mitunter die schönsten Aufnahmen und daher sowieso sehenswert.
Im nächsten Teil zeigt Rene Wildhaber, was er auf dem Kasten hat. Spätestens bei dieser Sequenz wird deutlich, dass in diesem Film nicht der Fahrer im Mittelpunkt steht, sondern wunderschöne Naturbilder und ein Biker in seinem Element. Der farbenprächtige Herbstwald und der lange flowige Trail lösen einen unbändigen Wunsch aus, sich aufs Bike zu schwingen. Was mir an diesen Aufnahmen besonders gefällt, ist die geringe Schärfentiefe.
Im Part von David Kretz kann man sehen, dass der Junge nicht nur grosse Drops springen kann, sondern auch auf den Trails eine mehr als ordentliche Gattung macht. Vollgespickt mit Drops und Sprüngen, geht es zum schnellen Song „Bad Boy“ von be-noizy ziemlich heftig ab. Die riesigen Drops von Portes du soleil erscheinen jedenfalls plötzlich winzig klein.
Zu „well well well“ von Flink fahren danach ein paar unbekanntere Fahrer. Ein paar wenige Dirttricks und ein kleiner kameradschaftlicher Wettkampf auf dem Trail. Nice to see, aber mich persönlich hat dieser Teil nicht sonderlich gepackt. Ganz im Gegensatz zu Sämi Zbindens Part, welcher sich von den vorhergehenden unterscheidete. Es wurde mehr Wert darauf gelegt, die Geschwindigkeit in den Vordergrund zu rücken, was natürlich auch gelungen ist. Einfach unglaublich, mit wieviel Speed und Kontrolle der Junge über die Trails fliegt.
Kapitel 10 ist etwas ganz Besonderes. Das Wechselspiel zwischen den Nachtaufnahmen in der verkehrsüberfüllten Stadt und den fast schwerelos durch die dunkle Nacht fliegenden Biker hat etwas sehr faszinierendes und wird durch den melancholischen Sound von Camera Obscuras „Country Mile“ perfekt getragen. Ein paar Aufnahmen die fast schon künstlerisch angehaucht und deshalb einzigartig sind.
Der Abschluss wird von Matthé Hüsler gebildet und ist ganz klar mein Favorit auf dieser DVD. Genau wie damals bei Sunday Jen (Kennst Du nicht?!? Schäm Dich! www.youtube.com ) in The Collective hat mich der Song gepackt und nicht mehr losgelassen. Ich sage mir immer wieder, dass mir dieser Part wegen den Trails, der Landschaft und den unglaublich schönen Aufnahmen so sehr gefällt, aber innerlich ist mir klar, dass der Song einen Hauptteil davon ausmacht. Genauso ist es beim Part von Matthé (der übrigens superstylisch unterwegs ist), welcher mit „When I sleep I disappear“ von Cargo City einen sensationellen Soundtrack bekommen hat. Wer das Lied nicht kennt, soll sich doch einfach den Trailer zu Virtuous reinziehen: www.pinkbike.com
Der stimmungsvolle Abschluss des Films ist mit sehr viel sehenswertem B-Roll gefüllt und bringt mich jedes mal zum schmunzeln. Mit genau so einem Lächeln im Gesicht hat bisher jeder, mit dem ich den Film gesehen habe, die einstimmige Meinung bestätigt: Geiler Film. MUST SEE!
Der Hauptfilm dauert ziemlich genau 37 Minuten. Das Bonusmaterial besteht hauptsächlich aus dem Trailer, einem Film vom IXS DH Cup 2007 in Bellwald und ein paar privaten Anekdoten. Alles in Allem ziemlich viel Biken fürs Geld. Zu Kaufen gibts das Teil in diversen Bikeshops oder online bei www.x-tremevideo.com für 30 Franken als DVD oder 6 Franken als Stream. Ich kann nur sagen: Es lohnt sich!
Fabian Näf und Brian Gottschalk haben mit diesem Projekt eine Meisterleistung abgeliefert und können sich bereits mit ihrem Erstlingswerk mit den ganz grossen der Szene messen. Ich bin immer wieder aufs neue erstaunt, dass zwei Jungs aus der Zentralschweiz mit einem vergleichsweise bescheidenen Budget einen so hochstehenden Bikefilm produzieren konnten. Respekt!
Ich hoffe auf jeden Fall, dass es einen Nachfolger geben wird und werde mir die DVD bis dann noch unzählige Male reinziehen.