„E hübsche Tag“ wünscht man sich im Prättigau, wenn man dem Gegenüber einen schönen Tag wünscht. Und hübsche Tage hatten wir im wahrsten Sinne des Wortes in Davos/Klosters.
Im Nachhinein habe ich mich oft gefragt, was ich eigentlich biketechnisch von unseren Ferien in Klosters erwartet hatte. Dass wir eine unheimlich gemütliche Zeit mit viel Ruhe, Erholung, gemütlichen Abenden und leckeren Schlemmereien haben werden, war ja eh klar. Dass wir uns die einheimischen Weine und Biere zu Gemüte führen werden, stand ebenfalls fest. Aber wie sieht es mit den Freuden auf dem Bike aus? Ich erwartete steile steinige Trails, welche schwer zu finden sind und die eine oder andere Enttäuschung bereithalten. Hauptsache keine spontanen Kletterpartien, wie am vergangenen Wochenende in Lauterbrunnen :)
Am Montag kamen wir auf dem Bauernhof an, auf welchem wir eine zweieinhalb Zimmer Ferienwohnung ausserhalb von Klosters gemietet hatten. Was uns erwartete, war die erste von vielen hübschen Überraschungen. Ein überaus herzliches und symphatisches Bauernpärchen hat uns mit offenen Armen empfangen und es uns an nichts fehlen lassen. Die Wohnung war riesig (100 m2) und bot sämtliche Annehmlichkeiten, welche wir nicht einmal zuhause geniessen dürfen. Luxusklasse für Backpackerpreise. Frische Eier, frische Luft und eine herrliche Aussicht gabs gratis oben drauf.
Am Dienstag wollte das Wetter noch nicht so richtig, also beförderten wir uns auf den nächsten Berg, um uns die Gegend ein wenig anzuschauen. Von Klosters Dorf aus geht die Madrisabahn den Berg hoch. 4er Gondeln, in die man die Bikes locker reinbringt. Supernette Bedienung und unglaubliche Preise. Dazu muss man wissen, dass man bereits ab einer Übernachtung im Grossgebiet Davos mit der zu bezahlenden Kurtaxe von CHF 4.50, sämtliche Bahnen im Gebiet GRATIS nutzen darf!!! Lediglich für das Bike muss man noch 3-5 Franken pro Fahrt oder 10 Franken für eine Tageskarte zusätzlich berappen. DAS NENN ICH VORBILDLICH!!!
Der öffentliche Trail besteht aus schönem Waldboden, mit den gelegentlichen Steinpassagen und Wurzelstücken, welche leider ein wenig von den Monster-Trottis ausgewaschen wurden. Mit dem Nebel wars ein schönes Erlebnis, aber nix besonderes halt. Die Strecke ist natürlich gehalten und zieht sich in einer angenehmen Steilheit den Berg entlang. Leider endet die Freude relativ bald auf einer Teerstrasse. Nach 2 Abfahrten hat mans eigentlich gesehen… Im Trockenen ist es bestimmt eine heisse Highspeed-Abfahrt.
Deshalb fuhren wir am Nachmittag mal ein wenig das Tal hoch. Lockeres Cruisen, denn bergauf ging es kaum. Von Klosters nach Monbiel und dann weiter über die Alp Novai ins Vereina-Tal. Herrliche Gegend, welche mit keiner Strasse oder Seilbahn erreichbar ist. Kaum Wanderer und eine Natur, welche ich sonst nur aus Kanada kenne. Bei unserer kurzen Rast beim Entstehungspunkt der Landquart wurden wir dann wieder einmal von ein paar Kühen belagert. Etwa vierzig. Es ist immer wieder kaum zu glauben, was das für neugierige Wesen sind. Ausserdem sorgen sie regelmässig für gute Unterhaltung. Nachdem sie es sich um uns bequem gemacht hatten, gings für uns über lockere Singletrails wieder zurück ins Dorf.
Am folgenden Tag hatte es das Wetter besonders gut mit uns gemeint und wir planten eine etwas grössere Tour. Mit dem Zug bis Wolfgang und mit dem Bike dann runter bis ins hässliche Davos. Wir waren sowas von froh, dass unsere Ferienwohnung nicht dort liegt. Davos passt in diese wunderschöne Landschaft, wie ein Haufen Kotze in ein Blumenbeet. Da ist jede umliegende Ortschaft viel symphatischer, weil authentisch.
Jedenfalls nahmen wir dort mal die Jakobshorn-Bahn bis nach Ischalp und von dort aus den Singletrail nach Clavadel. Wir merkten leider erst im Nachhinein, dass wir die Strecke falschrum gefahren sind, aber unsere Lust für lange Aufstiege liess halt noch etwas auf sich warten :)
In Clavadel hatten wir natürlich noch nicht genug und fuhren noch etwas hoch. Oben angekommen gönnten wir uns erstmal ein kleines Bierchen, natürlich aus der ortsansässigen Brauerei Monstein. Gerstenweissbier vom Feinsten! Auf der Bike-Explorer Karte entdeckte ich einen Trail, der sich ewig lang fast auf der selben Höhenlinie befand und erst nach mehreren Kilometern in Monstein endete. Perfekt!
Auf dem fast endlosen und unglaublich flowigen Singletrail war es um mich geschehen. GENAU DAS habe ich seit Jahren gesucht. Kein steiles, technisches Wurzelwirrwarr, keine Kletterpartien und auch keine künstlichen Sprünge und Spielereien, welche von Bremswellen gesäumt sind, sondern Natur pur. Unzählige kleine Richtungswechsel auf einem nahezu flachen Trail, der regelmässig auf dem einen oder anderen kleinen Felsen zum hüpfen und spielen einlädt. Sowas hatte ich seit dem Rebellion in Penticton B.C. nicht mehr erlebt. Hinzu kam noch die Aussicht auf die schönen und vielen Berge.
Ab der Hälfte des Trails war eine gewisse technische Sicherheit auf dem Bike dann doch gefragt, da man ziemlich viel Schuss für die kurzen, aber holprigen Gegenanstiege mitnehmen musste. Für mich kein Problem, aber die Madam kämpfte zeitweilen mit der einen oder anderen Wurzelpassage. Am Ende des Trails wartete zur Krönung die Brauerei Monstein mit ihrem kühlen Nass auf uns.
Am darauf folgenden Tag entdeckte ich auf der Karte einen ähnlichen Trail in die andere Richtung. Nach einer gemütlichen Morgentour von Davos aus, nahmen wir erneut die Bahn und folgten dem eingezeichneten Weg. Da der Aussichtspunkt auf Davos uns nichts bieten konnte, als ein hässliches Wirrwarr aus Beton, haben wir schnell den Einstieg in den Trail gesucht. Was danach folgte kann ich unmöglich in Worte fassen und Bilder werden dem auch nicht gerecht. Man muss es einfach erlebt haben, sofern man darauf steht. Über 10 Kilometer erstreckte sich der Trail am Hang entlang und wies kaum Gefälle auf. Er bestand aus unzähligen kleinen Kurven, welche uns in den Flow-Himmel beförderten. Ohne viel bremsen oder treten zu müssen, fährt man in gleich bleibendem Tempo auf einem schmalen Pfad den Berg entlang. Die vielen Bäche sind allesamt mit kleinen fahrbaren Holzbrücken versehen und nach jeder grösseren Kurve sieht man ein weiteres Stück Trail von mehreren Hundert Meter Länge im gleichen Stil vor sich aufgehen.
Nach einer Ewigkeit kam von Madam Röpon sogar die Frage: „Hört das denn nie mehr auf?!?“. Von mir hörte man nur noch ein leiser werdendes „Niiiiieeeeeee meeeeeeehhh…..“, und weg war ich. Nach ungefähr einer Stunde kamen wir am Ende des Tals an und somit auch auf den Talboden. Die Aussicht, welche uns dort erwartete setzte dem Sahnehäubchen noch die Piemont-Kirsche drauf. Aber seht selbst…
Ich glaube kaum, dass ich je wieder einen so genussvollen und flowigen Trail finden oder fahren werde. Das war für mich das Highlight schlechthin. Seit 2004 suche ich solche Trails, welche ich in Kanada kennen und lieben gelernt habe. Natürlich rocke ich auch mal gerne über eine Downhill-Piste, springe von der einen oder anderen Kante und fliege mit dem Bike durch die Luft. Natürlich gehe ich auch gerne mal in den Bikepark, um mir den Adrenalin-Kick zu besorgen oder heize viel zu schnell über technische Stein- und Wurzelpassagen. Natürlich zirkle ich auch gerne mal im Trial-Stil durch enge verwinkelte Kurven und über fette Felsbrocken. Aber nirgendwo geniesse ich das Biken intensiver, als auf einem fast niemals endenden flüssigen und verspielten Singletrail, eingebettet in einer wilden und nahezu unberührten Landschaft. Nur noch anhalten, weil die Aussicht einem fast den Atem raubt oder eine blühende Bergwiese einem die Sinne betäubt.
Diesen perfekten Tag krönte dann noch ein äusserst gemütlicher und zufriedener Grillabend mit meinem Schatz an einer Grillstelle an der Landquart. Die lieben Bündner verwöhnen ihre Gäste sogar mit Edel-Grillstellen: Kleines Blockhaus mit Feuerholz und ein ebenfalls mit Holz eingepacktes Toi-Toi zieren jede öffentliche Feuerstelle, welche natürlich auch noch mit Wegweisern beschildert sind. Dankeschön!
Die letzten Tage unserer Woche in Klosters trübte das feuchte und neblige Wetter ein wenig. Also verbrachten wir den letzten Tag mit Wahrzeichen-, Brücken- und Museumsbesuchen und fuhren am Samstag mit ein wenig Wehmut wieder nach Hause. Eingedeckt mit Bündnerfleisch natürlich. Das Fleisch ist bereits aufgebraucht, aber die Lust, wieder in diese Region Biken zu gehen, brennt lodernd weiter.
Wer sich mal fernab von überfüllten Bikeparks, Wanderweg-Verboten, teuren Tageskarten, schimpfenden Wanderern oder schlechten Trails auf dem Bike vergnügen möchte, ist hier genau richtig. Einfach eine Karte in die Hand nehmen und sich den eigenen Traumtrail zusammenstellen. Alles andere haben die Bündner bereits perfekt geregelt.
Bildergallerie Klosters
2 Gedanken zu “Hübschi Täg – Biken im Prättigau – Davos/Klosters mit dem Bike”
die Bündner wissen, wie man’s macht! Muss den genannten Flow-Trail dieses Jahr unbedingt mal fahren…. schöner Bericht!
jeeee! mini häimat! schön das es üch gfalle hed :!:
die Bündner wissen, wie man’s macht! Muss den genannten Flow-Trail dieses Jahr unbedingt mal fahren…. schöner Bericht!
jeeee! mini häimat! schön das es üch gfalle hed :!: