Was gibt es schöneres, auf einer Biketour in den Bergen am schönsten Platz einfach anzuhalten und dort noch die Ruhe und das Panorama zu geniessen? Ein grosses Feuer machen und den ganzen Abend schlemmen? Unter den Sternen zu liegen und am Morgen die Natur erwachen zu sehen? Einen eindrücklichen Sonnenaufgang miterleben? Und am Morgen als erste Tat des Tages einen tollen Singletrail runterfliegen?
Mehr als gute Freunde, ein Bike, ein Feuer, Essen & Trinken, warme Klamotten und eine gute Biwakausrüstung braucht es dafür nicht.
Ein Bike ist da, gute Klamotten ebenfalls, aber vom ganzen Biwakzeug hatte ich ziemlich wenig Ahnung. Her mit den Infos, rein in die Fachgeschäfte. Licht ins Dunkel bringen.
Schlafsack = Schlafsack?
Mit einem 20-jährigen Sommerschlafsack von der Dimension einer Reisetasche ist das Vergnügen sehr eingeschränkt – bei der ersten Biwaksession habe ich die halbe Nacht schlotternd und zähneklappernd durchgefroren. Da mir solche Aktionen sonst schon sehr gefallen und ich mich auch mit dem Gedanken an mehrtägige Biketouren beschäftigt habe, bin ich so auf die Suche nach der passenden Penntüte gegangen. Anforderungen an einen Schlafsack: klein, leicht, bequem und vor allem schön warm. Gibt es überhaupt sowas? Worauf muss man achten? Komplettes Neuland… Schlafsack = Schlafsack? Mitnichten.
Daune oder Synthetik?
Die Suche beginnt schon mit der Grundsatzfrage Daune oder Synthetik. Daune bietet bei weniger Volumen und Gewicht eine massiv höherer Wärmeleistung, ist aber auch heikler in der Pflege und sollte nicht nass werden, da sonst die Wärmeleistung sinkt. Da ich aber nicht vorhabe, mehrere Tage im Dauerregen von Biwakplatz zu Biwakplatz zu reisen, ist für mich ein Daunenschlafsack in unseren Breitegraden die bessere Wahl. Daune kann dafür Temperaturunterschiede besser ausgleichen als Synthetikfasern, da kalte Leerräume von der Daune ausgefüllt werden. Hochwertige Daunenschafsäcke sind zudem 30-40% leichter als vergleichbare hochstehende Synthetikausführungen, auch das Packmass ist knapp 40% geringer. Da wir bei den Biwaktouren immer viel Platz für Speis & Trank und Wechselklamotten benötigen, ist geringes Packmass & Gewicht ein absolutes Killerkriterium. Jetzt noch ein paar Infos zu Daunen: Die Daunenqualität wird in der Füllkraft der Daunen angegeben. Die Füllkraft gibt an, wie viel Volumen eine Unze Daune einnehmen kann (Angaben in cuin = cubic inch). Je höher diese Zahl, desto mehr Wärme aufs Volumen verteilt. Die Werte reichen von 900 cuin (für Ultralight Modelle) bis runter zu 300. Je höher der cuin Wert, desto leichter aber auch teurer der Schlafsack. Von Billigdaunen sollte man die Finger lassen, da diese oft aus gebrauchten Duvets wiederverwertet werden.
Sleep warm @ night
Gleich der nächste verwirrende Punkt. Es finden sich nämlich bei jedem Schlafsack diverse Temperaturangaben:
Komfort: | bis zu dieser Temperatur kann eine Frau komfortabel durchschlafen |
Limit: | bis zu dieser Temperatur kann ein Mann bequem schlafen, ohne zu frieren |
Extrem: | bei diesem Wert ist für einen Mann das Überleben ohne grössere körperliche Schäden gerade noch möglich… grosses Risiko der Unterkühlung. |
Diese Temperaturen sind immer so gerechnet, dass in einem Zelt oder einem Biwaksack übernachtet wird und ausserdem eine Isomatte verwendet wird. Wer also vorhat, im Sommer oder im Herbst auf 2000 m zu übernachten, muss durchaus mit Temperaturen um den Nullpunkt rechnen. Hier sollte also schon mal auf einen Komfort-/Limitbereich von 0° C geachtet werden. Ohne Biwaksack oder Zelt kann man gleich noch 10 Grad abziehen, also müsste dieser Bereich bei -5°/-10° C liegen.
Komfortabel & flauschig
Jetzt kommt es noch drauf an, ob der Schlafsack auch bequem ist. Tja und hier nützen weder Tabellen noch schlaue Tipps, hier hilft nur anschauen, anfassen und probeliegen. Deshalb sollte man sich auch noch im Fachgeschäft des Vertrauens (Tipp: Bächli Bergsport hat eine grosse Auswahl und eine kompetente Beratung!) den einen oder anderen Tipp geben lassen – es lohnt sich! Es gibt nämlich auch noch viele interessante Sachen zu entdecken, wie z.B. ein Wärmekragen (damit die Wärme in der Nacht nicht entweicht), flauschig gefüllte Kapuzen (warm und weich) oder eine atmungsaktive Hülle. Dann kommt natürlich auch noch die Passform… viele minimalistische Superlight Produkte sind sehr schmal geschnitten und bieten null Bewegungsspielraum. Bei einem BMI von 16 sicher ausreichend, aber mit vollem Magen und vielleicht noch einer zusätzlichen Kleiderschicht könnte es doch noch ein wenig eng werden.
Nach langem Abwägen und Informieren und Anschauen habe ich mich schlussendlich für den Marmot Plasma 15 entschieden. Der Plasma 15 ist ein sehr leichter aber trotzdem höchst komfortabler Daunenschlafsack mit 900 cuin Füllung und einer superleichten Quantum Pertex Hülle. Nach etwa 10 Übernachtungen im Freien bin ich nach wie vor komplett begeistert von diesem Ding. Er wiegt 860 g, ist stark komprimierbar und hält auch bei frostigen Temperaturen flauschig warm. Der Plasma 15 sollte bis -9° ausreichend wärmen, und dies ist nicht einmal ein leeres Versprechen. Ich habe mal damit bei -8° in einer klirrend kalten Nacht in den Boxershorts drin geschlafen – selbst am nächsten Morgen hatte ich noch schön warm. Einfach den Wärmekragen schön schliessen und die Kapuze zuziehen. Ausserdem bietet der Plasma 15 genügend Platz für unruhige Schläfer. Knie anwinkeln, sich x Mal drehen, alles kein Problem. Für mich ein zusätzliches Plus.
Isomatte & Co.
Als Isolationsschicht habe ich mich (im zweiten Anlauf) für eine Therm-A-Rest NeoAir entschieden. Diese wirklich sehr bequeme Luftmatratze hat zusammengepackt knapp die Grösse einer Bierdose und wiegt etwa 400g. Beim Übernachten ohne Zelt nehme ich aus Sicherheitsgründen noch eine Biwakhülle mit (Mountain Hardwear Couduit SL Bivy). So ist man auch gegen Regentropfen und Morgentau prima geschützt. So hat man eine super Übernachtungsmöglichkeit mit insgesamt etwa 1.7 kg Gewicht. Das ganze wird in einem Haglöfs Tight Pro XL Rucksack mit 38l Volumen transportiert. Ist ein wirklich sehr geräumiger und äusserst bequemer Rucksack mit genügend Platz für Schlafsack, Matte, Biwaksack, Verpflegung, Klamotten etc. Es ist allerdings zu beachten, dass ein solch grosser Rucksack zuerst mal eine gewisse Gewöhnungszeit auf den Trails benötigt, da alles ein wenig schwerfälliger abläuft. Also am besten am Morgen nach dem Aufstehen nicht gleich mit Vollgas in die erste Kurve. Und am besten schauen, dass der Rucksack nicht zu hoch kommt. Bei steileren Passagen ist dann schnell mal der Helm im Weg und wird nach vorne geschoben. Nicht sehr angenehm, im Blindflug runterzufahren.
Einfach mal ausprobieren, es lohnt sich – und ist unvergesslich!
5 Gedanken zu “Ride & Sleep – Biwak mit dem Bike”
Danke für diesen ausführlichen Bericht. Bei diesen Fotos macht so eine Ride & Sleep Tour wirklich an. Bisher schreckte ich aber immer davon zurück…
Danke für diesen ausführlichen Bericht. Bei diesen Fotos macht so eine Ride & Sleep Tour wirklich an. Bisher schreckte ich aber immer davon zurück…
@Dave: Danke für die ausführlichen Infos. Jetzt muss endlich mal ein neuer Schlafsack her.
@Spoony: Einfach mal ausprobieren. Es ist jedes Mal einzigartig und jeglichen Aufwand wert.
@Dave: Danke für die ausführlichen Infos. Jetzt muss endlich mal ein neuer Schlafsack her.
@Spoony: Einfach mal ausprobieren. Es ist jedes Mal einzigartig und jeglichen Aufwand wert.
guter Bericht! Bis bald mal wieder!
guter Bericht! Bis bald mal wieder!
Toller Bericht. Endlich bin ich ein bisschen schlauer was die Ausrüstung anbelangt. Das wollte ich eigentlich auch schon lange mal ausprobieren. Vielleicht ist es dieses Jahr soweit …
Toller Bericht. Endlich bin ich ein bisschen schlauer was die Ausrüstung anbelangt. Das wollte ich eigentlich auch schon lange mal ausprobieren. Vielleicht ist es dieses Jahr soweit …
Wer auch mal bei schlechtem Wetter ohne Zelt draussen übernachten möchte, sollte sich einen gescheiten Biwaksack zulegen. Günstige Notfall-Biwaksäcke (z.B. von Mammut) sind wirklich nur für den Notfall gedacht und bedingt bis gar nicht atmungsaktiv. Noch so am Rande…
Wer auch mal bei schlechtem Wetter ohne Zelt draussen übernachten möchte, sollte sich einen gescheiten Biwaksack zulegen. Günstige Notfall-Biwaksäcke (z.B. von Mammut) sind wirklich nur für den Notfall gedacht und bedingt bis gar nicht atmungsaktiv. Noch so am Rande…